Insulin ist ein lebenswichtiges Hormon, das wie ein Türöffner für unsere Körperzellen funktioniert. Es sorgt dafür, dass Zucker (Glukose) aus dem Blut in die Zellen gelangt, wo er als Energie genutzt wird. Ohne Insulin bleibt die Glukose im Blut – und das kann auf Dauer gefährlich werden.
Bei einer Insulinresistenz reagieren die Körperzellen nicht mehr so empfindlich auf Insulin. Die Folge: Glukose bleibt im Blut, die Bauchspeicheldrüse produziert immer mehr Insulin, um die Blutzuckerwerte zu regulieren. Das Ergebnis ist ein dauerhaft erhöhter Insulinspiegel – und trotzdem gelangt nicht genug Glukose in die Zellen. Überschüssige Glukose wird schliesslich als Fett, vor allem im Bauchbereich, gespeichert.
Insulinresistenz gilt als Vorstufe des Typ-2-Diabetes und ist eng mit weiteren Gesundheitsproblemen wie dem metabolischen Syndrom verbunden. Sie entwickelt sich oft schleichend über Jahre – und bleibt lange unbemerkt, weil die Symptome unspezifisch sind oder überhaupt fehlen.
Die Symptome einer Insulinresistenz sind vielfältig und oft unauffällig. Zu den ersten Anzeichen gehören ständiges Müdigkeitsgefühl und Abgeschlagenheit, weil die Zellen nicht ausreichend Energie bekommen. Es kommt zu einem erhöhten Verlangen nach Süssem oder Kohlenhydraten – oft schon kurz nach dem Essen – und zur Gewichtszunahme, vor allem am Bauch, da überschüssige Glukose als Fettreserven gespeichert wird. Nicht selten wird Wechsel zwischen Appetitlosigkeit und Heisshunger beobachtet.
Durch stärkeres Durstgefühl und häufiges Wasserlassen versucht der Körper, überschüssigen Zucker auszuscheiden. Einige Betroffene leiden unter Übelkeit, Bauchschmerzen und plötzlicher Sehverschlechterung sowie trockener Haut, schlecht heilenden Wunden und häufigen Infekten, weil erhöhte Blutzuckerwerte das Immunsystem schwächen.
Viele bemerken verdunkelte Hautstellen (Acanthosis nigricans) an Achseln, Nacken und Kniekehlen sowie vermehrt Hautfibrome (auch „Skin Tags“ oder „Hautanhängsel“ genannt). Die Frauen klagen über mehr Körperbehaarung (insbesondere an Oberlippe und Rumpf), Haarausfall und verlängerten, unregelmässigen Menstruationszyklus. Weiter kommt es zur verminderten Fruchtbarkeit bei Frauen sowie zur Potenzstörung oder Libidoverlust bei Männern. Nicht selten sind auch psychische Veränderungen wie Stimmungsschwankungen oder depressive Verstimmungen.
Nicht jeder Betroffene zeigt alle Symptome – und manchmal treten sie erst auf, wenn die Insulinresistenz schon in einen Typ-2-Diabetes übergegangen ist. Genau das ist das Tückische daran: Insulinresistenz verursacht selten eindeutige Beschwerden. Viele Menschen merken erst durch Zufall bei einer Routineuntersuchung, dass sie betroffen sind. Bis dahin können schon Jahre vergangen sein – und das Risiko für Folgeerkrankungen wie Diabetes, Herz-Kreislauf-Probleme oder Übergewicht ist bereits erhöht.
Wenn wir über längere Zeit zu viele schnell verwertbare Kohlenhydrate wie Haushaltszucker, Weissbrot, Reis oder Süssigkeiten essen, muss die Bauchspeicheldrüse immer mehr Insulin produzieren. Anfangs klappt das noch gut, doch irgendwann werden die Körperzellen abgestumpft und reagieren nicht mehr richtig auf Insulin. Die Folge: Die Bauchspeicheldrüse muss noch mehr Insulin ausschütten, um den Blutzuckerspiegel zu senken. Es entsteht ein Teufelskreis, der oft jahrelang unbemerkt bleibt. Es gibt einige Faktoren, die diese Prozesse begünstigen.
Manche Menschen haben einfach Pech mit den Genen: Ihre Zellen sind von Natur aus weniger empfindlich für Insulin. Wer in der Familie bereits Fälle von Diabetes oder Insulinresistenz hat, sollte besonders aufmerksam sein.
Übergewicht (vor allem am Bauch) ist ein weiterer Risikofaktor. Fettzellen, besonders im Bauchbereich, setzen Botenstoffe frei, die die Wirkung von Insulin stören. Je mehr Fettgewebe, desto schwieriger wird es für Insulin, den Blutglukosespiegel zu regulieren. Schon wenige Kilos weniger können laut Studien die Insulinreaktivität verbessern. Allerdings sind auch schlanke Menschen nicht automatisch geschützt: Eine Untersuchung des Instituts für Präventive Medizin in Berlin zeigte, dass fast 25 % der getesteten normalgewichtigen Frauen Anzeichen einer Insulinresistenz aufwiesen.
Regelmässige Bewegung macht die Zellen wieder empfänglicher für Insulin. Wer sich wenig bewegt, riskiert, dass die Muskeln weniger Zucker aufnehmen und Glukose im Blut hoch bleibt.
Eine ungesunde Ernährungsweise mit viel Zucker, Weissmehl, Fast Food und gesättigten Fetten belastet den Stoffwechsel und fördert Insulinresistenz. Frisches Gemüse, Vollkornprodukte und gesunde Fette sind dagegen echte Insulinfreunde.
Stresshormone wie Cortisol treiben Glukose im Blut in die Höhe. Wer dauerhaft gestresst ist oder schlecht schläft, produziert mehr Insulin – und die Zellen werden noch unempfindlicher.
In bestimmten Lebensphasen, etwa während der Schwangerschaft oder bei hormonellen Störungen wie dem PCO-Syndrom, kann die Insulinwirkung gestört sein. Auch bestimmte Medikamente (z. B. Kortison) können die Insulinempfindlichkeit verringern. Chronische Entzündungen im Körper, Infektionen oder seltene Stoffwechselstörungen können ebenfalls die Insulinwirkung beeinträchtigen.
Insulinresistenz ist ein frühes Stadium, in dem der Organismus schon Schwierigkeiten hat, den Zuckerstoffwechsel optimal zu steuern. In diesem Stadium ist die Entwicklung noch umkehrbar. Mit der richtigen Ernährung, körperlicher Aktivität und gesunder Lebensweise kann man die Zellantwort auf Insulin wieder verbessern. Bleibt die Insulinresistenz jedoch unbehandelt, kann die Bauchspeicheldrüse überlastet werden und ihre Insulinproduktion erschöpfen. Dann entsteht der Typ-2-Diabetes, eine chronische Erkrankung, die nicht mehr rückgängig gemacht werden kann.
Typ-1-Diabetes ist eine Autoimmunerkrankung, die meist schon in jungen Jahren auftritt und bei der die Bauchspeicheldrüse kein Insulin mehr produziert. Insulinresistenz und Typ-2-Diabetes sind dagegen eng miteinander verbunden und betreffen vor allem Erwachsene. Nicht jeder mit Insulinresistenz entwickelt automatisch Typ-2-Diabetes. Allerdings haben Menschen mit Insulinresistenz ein fünffach erhöhtes Risiko, an Diabetes zu erkranken.
Eine ausgewogene Ernährungsweise kann helfen, die Insulinsensitivität zu verbessern und damit das Risiko für Typ-2-Diabetes zu senken oder zu verzögern.
Es kommt auf die richtigen Kohlenhydrate an: Nicht alle Kohlenhydrate sind gleich. Bei Insulinresistenz sollte man vor allem auf komplexe Kohlenhydrate mit niedrigem glykämischen Index setzen. Das sind zum Beispiel Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte und frisches Gemüse. Diese Lebensmittel geben Zucker langsam ins Blut ab und verhindern somit gefährliche Blutzuckerspitzen.
Ballaststoffe aus Obst, Gemüse, Vollkorn und Hülsenfrüchten sind nicht nur gut für die Verdauung, sondern helfen auch, den Blutzuckerspiegel zu regulieren. Sie sorgen für ein längeres Sättigungsgefühl und unterstützen die Zellen dabei, besser auf Insulin zu reagieren.
Mageres Fleisch, Fisch, Eier und pflanzliche Proteine wie Tofu oder Hülsenfrüchte sind ideale Glukose-Stabilisatoren. Sie machen satt, ohne Glukose im Blut stark ansteigen zu lassen – ein wichtiger Vorteil bei Insulinresistenz. Fette aus Fertigprodukten und fettem Fleisch dagegen fördern Übergewicht und Insulinresistenz. Stattdessen sollte man auf gesunde Fette aus Nüssen, Samen, Avocado und Olivenöl setzen – sie unterstützen den Stoffwechsel und können Entzündungen reduzieren.
Kurzfristige Diäten sind bei Insulinresistenz keine Lösung. Sie sind oft zu restriktiv, schwer durchzuhalten und führen häufig zum Jojo-Effekt. Das belastet die Bauchspeicheldrüse und die insulinempfindlichen Zellen zusätzlich. Viel wichtiger ist eine dauerhafte Ernährungsumstellung, die auf die individuellen Bedürfnisse abgestimmt ist. Studien zeigen, dass Ernährungsweisen wie die Mittelmeer- oder DASH-Diät sowie eine Ernährung mit niedrigem bis mittlerem glykämischen Index besonders gut geeignet sind. Sie helfen, den Blutzuckerspiegel stabil zu halten und die Glukoseaufnahmefähigkeit der Zellen zu verbessern.
Ein wichtiger Baustein ist darüber hinaus der bewusste Umgang mit Zucker. Zu Beginn kann sogar ein kompletter Zuckerverzicht sinnvoll sein, um den Organismus zu entlasten und das Verlangen neu zu steuern.
Die wohl häufigste Folge einer Insulinresistenz ist die Entwicklung eines Prädiabetes. Dabei ist der Blutzuckerspiegel zwar höher als normal, aber noch nicht so hoch, dass es als Diabetes gilt. In diesem Stadium lässt sich durch eine gesunde Ernährungsweise, mehr Bewegung und Gewichtsverlust oft noch viel erreichen – Prädiabetes kann sogar rückgängig gemacht werden.
Bleibt Prädiabetes unbehandelt, kann er sich zu einem Typ-2-Diabetes entwickeln. Das ist eine ernste Erkrankung, bei der die Bauchspeicheldrüse nicht mehr genug Insulin produziert oder die Zellen nicht mehr darauf reagieren. Typ-2-Diabetes kann zahlreiche Folgekrankheiten nach sich ziehen, darunter Nierenerkrankungen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Augenschäden. Diese Komplikationen können die Lebensqualität stark beeinträchtigen und erfordern oft eine intensive medizinische Behandlung.
Insulinresistenz steht häufig im Zusammenhang mit dem sogenannten metabolischen Syndrom. Dabei handelt es sich um eine Kombination von Gesundheitsproblemen. Zu den typischen Merkmalen gehören Bluthochdruck, hohe Blutglukosewerte, überschüssiges Bauchfett, niedrige Werte des „guten“ HDL-Cholesterins sowie hohe Triglyzeridwerte.
Insulinresistenz kann auch die Blutgefässe schädigen und somit Bluthochdruck begünstigen. Langfristig kann das zu Gefässerkrankungen, Nervenschäden, Nierenschäden, Herzinfarkt und Schlaganfall führen.
Da der Glukosestoffwechsel eng mit unserem Gehirn verbunden ist, leiden viele Betroffene unter Depressionen, Angstzuständen oder Stimmungsschwankungen. Eine gezielte Behandlung kann hier oft helfen, die Symptome zu lindern.
Schlaf und Stoffwechsel hängen enger zusammen, als viele denken – besonders wenn es um Insulinresistenz geht. Studien zeigen, dass Menschen mit Insulinresistenz häufiger unter Schlafapnoe leiden – einer Erkrankung, bei der die Atmung im Schlaf immer wieder aussetzt. Dadurch wachen Betroffene oft nachts auf und fühlen sich am nächsten Tag nicht erholt.
Ein gestörter Schlaf wirkt sich negativ auf die Insulinempfindlichkeit aus. Wenn man nachts nicht gut schläft, reagiert sein Organismus schlechter auf Insulin, was den Blutzuckerspiegel weiter aus dem Gleichgewicht bringt. Das wiederum verschärft die Insulinresistenz.
Dieser ständige Kreislauf aus Insulinresistenz und schlechtem Schlaf belastet den Körper doppelt: Zum einen leidet der Stoffwechsel, zum anderen kann man sich nicht richtig erholen. Das führt zu mehr Müdigkeit, Konzentrationsproblemen und einem erhöhten Stresslevel – Faktoren, die wiederum den Blutzuckerspiegel negativ beeinflussen.
Die Antwort liegt im Zusammenspiel von Insulin und Fettstoffwechsel. Bei Insulinresistenz ist der Insulinspiegel oft dauerhaft erhöht. Und genau das macht das Abnehmen so kompliziert: Ein hoher Insulinspiegel blockiert den Abbau von Fettgewebe. Selbst wenn man weniger isst und seine Kalorienzufuhr reduziert, signalisiert Insulin seinem Organismus, Fett zu speichern und nicht abzubauen.
Hohe Blutzuckerspiegel führen zu einer verstärkten Insulinausschüttung. Das bedeutet: Je mehr Zucker im Blut, desto mehr Insulin wird produziert – und desto schwieriger wird es, Fettmasse zu verlieren. Deshalb ist es so wichtig, Blutzuckerspitzen zu vermeiden, um den Insulinspiegel niedrig zu halten.
Viele Diäten konzentrieren sich nur auf Kalorienreduktion – doch bei Insulinresistenz reicht das nicht aus. Ohne Kontrolle des Insulinspiegels bleibt man im Fett-Speicher-Modus. Das erklärt, warum viele Betroffene trotz Diät kaum abnehmen oder schnell wieder zunehmen.
Abnehmen mit Insulinresistenz ist herausfordernd, aber keineswegs unmöglich. Der Schlüssel liegt darin, den Insulinspiegel durch eine bewusste Ernährung zu regulieren und Blutzuckerspitzen zu vermeiden. So kann man den Fettabbau aktivieren und langfristig erfolgreich Gewicht verlieren.
Interessanterweise zeigen Studien, dass ein massvoller Alkoholkonsum den Blutzuckerspiegel kurzfristig senken kann. Das bedeutet, dass ein kleines Glas Wein oder Bier gelegentlich sogar positive Effekte auf den Zuckerstoffwechsel haben kann. Allerdings gilt hier das Motto: „Die Dosis macht das Gift.“ Alkohol sollte auch nicht mit zuckerhaltigen Mixgetränken kombiniert werden, um Blutzuckerspitzen zu vermeiden.
Wenn man hingegen regelmässig oder in grösseren Mengen Alkohol trinkt, kann das die Insulinempfindlichkeit negativ beeinflussen. Das heisst, die Körperzellen reagieren schlechter auf das Hormon Insulin, was den Blutzucker aus dem Gleichgewicht bringt und die Insulinresistenz verschärfen kann. Gerade wenn man bereits eine Insulinresistenz hat oder zu Risikogruppen gehört, sollte man seinen Alkoholkonsum bewusst kontrollieren und mit seinem Arzt sprechen, um individuelle Risiken besser einschätzen zu können.
Gute Nachricht: Sie haben es selbst in der Hand! Mit einer ausgewogenen Ernährung, regelmässiger Bewegung, ausreichend Schlaf und Stressmanagement können Sie viel für Ihre Insulinsensitivität tun. Wer auf seinen Körper achtet und Risikofaktoren kennt, kann Insulinresistenz oft vermeiden oder sogar rückgängig machen. Jeder Schritt zählt – fangen Sie heute an!